Meet Benjamin Sung Ho Wenzel - Im Interview stellt er sich vor, spricht über Missverständnisse und das "We" und "Me" im Change Management.
Was hat deine Leidenschaft für Change Management entfacht?
Nach meinem Bachelorstudium der Verpackungstechnik/-design und einem längeren Aufenthalt in Korea war ich Teil eines KVP-Teams (KVP steht für den Kontinuierlichen Verbesserungsprozess), dass die Lean Transformation eines mittelständischen Unternehmens voranbringen sollte. Ein toller Job, eine super Beziehung zum direkten Vorgesetzten und eine sinnstiftende Aufgabe im erweiterten Berliner Speckgürtel. Workshops durchzuführen, um Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, ihre eigene Arbeit zu verbessern, fand ich damals wie auch heute noch sehr wichtig. Ich bin dankbar, dass ich in der damaligen Anstellung mehr als zwei Jahre lang meine Fähigkeiten schärfen konnte.
In der täglichen Arbeit konnte ich die Produktionsmitarbeiter gut erreichen, aber hatte Reservationen auf Managementebene souveräner zu agieren. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, ein MBA-Studium mit dem Schwerpunkt auf Change Management zu absolvieren. Gestärkt mit dem theoretischen Wissen arbeite ich schon mehrere Jahre als Change Management Berater. Es ist die Vielfalt der Themen (u.a. digitale Transformation, Entwicklung eines Diversity & Inklusion Konzepts, Change Begleitung eines Carve-Out, Team- & Führungskräfteentwicklung) und der Gestaltungsfreiraum welcher mich auch heute noch begeistert.
Was sind aus deiner Sicht die größten „Mythen“ oder Missverständnisse im Change Management?
Change Management wird unterschiedlich verstanden. Dabei gibt es gute sowie schlechte Erfahrungswerte und auch evtl. Erfahrungswerte, die so rein gar nicht mit Change Management zu tun haben. Hier sind meine Top 3:
In aller Seriosität ist Change Management wirksam, aber der Wirksamkeit haben ein Funken Humor, ein Stuhlkreis und die Verwendung einer Klangschale noch nie geschadet 🙂
Was macht dich als Berater aus?
Geprägt von meiner KVP-Tätigkeit, glaube ich immer fest daran, dass das Wissen in den Menschen der Organisation liegt. Es gilt nunmehr darum den Raum zu schaffen, dass diese Ideen zum Vorschein kommen und diese dann passgenau den entsprechenden Interessensgruppen mitzugeben bzw. zu übersetzen. Dabei ist mir der Perspektivwechsel wichtig, denn sich in die Lage des anderen zu versetzen sorgt oft für große Erkenntnisse, die man für den Change nutzen kann.
Dabei versuche ich immer die Neugier (das englische Wort „curiosity“ gefällt mir hier besser) zu wecken und als Facilitator auch die Kreativität der Teilnehmer anzuregen. Ich freue mich mehr darüber, wenn ich anderen geholfen habe die Lösung zu entwickeln und zu präsentieren, als dass ich selbst im Rampenlicht stehen muss. Ich beobachte ganz gern und wenn viele sprechen, muss ich nicht zwangsläufig auch noch meine „5 Cent reinwerfen“. Es sei denn mein Bauchgefühl meldet sich ganz stark zu Wort, dann mache ich meinen Standpunkt auch klar bemerkbar.
Welches „Gadget“/ welches Spiel setzt du am liebsten in Workshops ein?
Ich verwende gerne diverse Methoden, aber ganz klar sind die Energizer meine Favoriten. Oft herrscht ja die gängige Meinung, so etwas kann man doch nicht auf der Executive Ebene machen, aber gerade hier hat bisher keiner Nein gesagt und am Ende ist jeder happy, kurz mehr Sauerstoff bekommen und Endorphine durchs Lachen ausgeschüttet zu haben. Und mit frischer Energie geht es dann anschließend wieder an die „harten“ Themen.
Erinnere dich bitte an ein Change Projekt, das besonders gut gelaufen ist. Was war da anders/ausschlaggebend?
Bei einem international tätigen Maschinenbauer haben wir eine ERP-Einführung durchgeführt. Anfänglich war es nicht in der Beauftragung enthalten, aber wir hatten damals vorgeschlagen in die Teamentwicklung des Projektkernteams (interdisziplinär, interkulturell, Hierarchieübergreifend) zu investieren. Durch die sehr gute Beziehung zur damaligen CTO, eine tolle Frau die auch relativ frisch in dieser Rolle war, haben wir schnell das grüne Licht bekommen und passgenaue teamfördernde Maßnahmen durchgeführt. So konnten wir nicht nur Change nach außen, sondern auch Change im Inneren durchführen. Insbesondere durch die bessere Zusammenarbeit war das Projektkernteam ein Vorbild für die restlichen Projektteammitglieder und die anderen Stakeholder in der Organisation. Durch die verbesserte Zusammenarbeit und das geschlossene Auftreten nach Außen stieg auch die Akzeptanz des Projekts.
Wie lange, meinst du, wird es noch Bedarf für Change Beratung geben?
Viele Unternehmen haben ja mittlerweile eigene Change Abteilungen und es ist individuell zu betrachten, wie wirksam sie in der jeweiligen Organisation sind. Für bestimmte Interventionen oder auch um das notwendige Momentum zu generieren, wird es Change Beratungen auch in Zukunft geben. Die Frage ist nur wie es in Zukunft genau aussehen wird. Das komplette Beratungsgeschäft hat schon begonnen sich zu verändern und wird sich in der näheren Zukunft auch noch rasanter weiter verändern. Neben der bereits aufkommenden Frage, wie wir mit künstlicher Intelligenz im Organisationskontext umgehen können, sehe ich persönlich aber auch stärker den Trend, dass künftig die Facilitator Rolle des Beraters noch mehr gefragt sein wird, als es ohnehin schon der Fall ist.
Die Verhärtung der Meinungsfronten, welche wir gesellschaftlich erleben gibt es auch in Organisationen. Deshalb gilt es umso mehr die Zusammenarbeit -unabhängig des Tools – zu fördern und mehr das „WE“ anstelle des „ME“ in den Vordergrund zu rücken. Dafür wird es mehr die Changer der Zukunft geben.